Meine Stadt. Mein Marathon. Meine Bestzeit

Ich mag Hamburg. Die Hansestadt mit seinen rund 1,9 Mio. Einwohnern hat neben dem Hafen und der Elbphilharmonie vor allem auch einen wundervollen Marathon zu bieten.  Das liegt vor allem an der wunderschönen Strecke, dem tollen Publikum und der Tatsache, dass ich hier die blaue Linie laufen kann. In Berlin ist die Strecke zwar flacher, doch in Hamburg kann ich ab Kilometer 2-3 fast Ideallinie laufen. Das spart in Summe rund 200 – 300 Meter am Ende.

In diesem Jahr stand der Marathon ganz im Zeichen der Boston Qualifikation. Ich musste unter 3 Stunden 12 Minuten laufen, um einen sicheren Startplatz für Boston 2018 zu bekommen. Das Training lief sehr vielversprechend.  Nach dem Berlin Halbmarathon fühlte ich mich jedoch müde und erschöpft. In der Tapering Woche überholte mich ein banges Gefühl, ob der 3 Stunden Plan vielleicht doch etwas zu ambitioniert war. Ich fühlte mich nicht gerade spritzig. Dies führte zu einer Verunsicherung, wie ich das Rennen planen sollte. Ich hatte mir eine 4:15 Pace vorgenommen (Endzeit: 2:59:59). Sollte ich doch eine Sicherheitsvariante nehmen, damit die Boston Qualifikation nicht  gefährdet wird?

Die Antwort auf die Frage wusste ich auch noch nicht, als ich im Startblock  stand. Ich beschloss dann doch eine 4:15 Pace anzulaufen und meinen Körper zu beobachten. Zusätzlich war das Wetter ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Es war von den Temperaturen kühl, die Sonne lachte zwar von Himmel, doch die dunklen Wolken im Hintergrund nährten Zweifel, ob das auch  so bleiben wird. Zusätzlich war heftiger Wind mit Böen bis zu 60km/h vorhergesagt.

Der Startschuss erfolgte. Ich wunderte mich wieder einmal, warum sich Läufer in einem Startblock mit einer Endzeit um 3:15 einordnen und dann die ersten 300 Meter in 5:30 anlaufen.  Die Sonne blieb uns nicht sehr lange treu. Bereits kurz vor Kilometer 1 startete der Platzregen. Es sollte aber noch turbulenter werden. Nach ein paar Minuten wurde aus dem strömenden Regen plötzlich Hagel. Kleine Hagelkörner hämmerten auf die Oberschenkel und meine Füße waren bereits nach 3 Kilometern komplett nass. Die Straße war durch den Hagel rutschig und der Lauf wurde etwas zum Eiertanz. Ich schaffe es trotzdem eine 4:14 Pace zu halten. Der Hagel begleitete mich über fast drei Kilometer. Dann erlangte die Sonne wieder die Oberhand am Himmel. Ich hatte mich gut eingeschwungen und die Beine fühlten sich sehr locker an.  Die ersten 10 Kilometer in einer 4:13 Pace waren im Kasten. Die Strecke Richtung Landungsbrücken führt etwas abwärts und so konnte ich die Gesamtpace auf den nächsten 5 Kilometern sogar auf 4:12 verbessern.

Die Muskeln fühlten sich weiterhin entspannt an und somit sollte zumindest bis Kilometer 30 eine Gesamtpace von 4:15 möglich sein. Dann hätte ich 1 Minute Puffer pro Kilometer für die Boston Qualifikation.  Das klingt nach einem schönen Polster, aber der Marathon kann einen sehr brutal abwerfen und man darf sich nie zu sicher sein.

Die Halbmarathon Marke durchquerte ich nach 1:28:59.  Die zweite Hälfte beim Hamburg Marathon ist jedoch aufgrund sanfter Anstiege herausfordernder.  Bei Kilometer 25 gab es  dann ein Gel und meine Eigenverpflegung. Das war auch bitter notwendig. So langsam merkte ich das hohe Tempo auch in den Beinen. Ich wusste aber, dass ich nur mehr 5 Kilometer schaffen musste, um einen guten Polster für die Boston Qualifikation zu haben. Zusätzlich wartete auch meine Frau Katrin bei Kilometer 30 auf mich. Die Beine waren zwar nicht mehr ganz so frisch, aber ich hatte noch Energie und Kraft. Es war Zeit auch den mentalen Turbo zu zünden. Mit jedem weiteren Kilometer war ich meinem Traum einem Schritt näher. Bei jeden Kilometerschild musste ich grinsen. Die Qualifikation wurde immer wahrscheinlicher und sicherer. Ein Einbruch kündigte sich nicht an. Bei Kilometer 35 stand meine Eigenverpflegung mit einem Gel und dem Sponsor Competition Getränk bereit. Das sollte Energie für die letzten 7 Kilometer geben. Die Pace war immer noch konstant und bei Kilometer 38,3 wartete die #adidasrunnershamburg Cheerzone. Das war meine mentale Stütze für die nächsten Kilometer. Vielen Dank für die Anfeuerungen. Das hat nochmals richtig motiviert. So langsam war es dann auch an der Zeit einen neuen Plan zu verfolgen. Die Qualifikation war im Sack, aber es war auch ein Finish unter 3 Stunden möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt war das kein Thema in meinem Kopf. Bei einem sehr guten Rennen hatte ich mit einer Zeit zwischen 3:00 bis 3:05 gerechnet. Ich hatte viele Bekannte, die mit wesentlich besseren 10km oder Halbmarathon Zeiten an den 3 Stunden gescheitert sind, oder es erst nach wiederholten Versuchen geschafft haben. Bei Kilometer 40 risikierte ich einen Blick auf die Uhr. Ich hatte fast 12 Minuten Zeit für die letzten 2,195 Kilometer. Das sollte machbar sein, wenn man bei der Eigenverpflegung nicht die falsche Flasche erwischt. Somit wieder kurz zurück und die eigene Flasche nehmen. Zeitverlust: 10 Sekunden. Ich spürte mein Herz sehr intensiv schlagen und merkte, dass die Kräfte so langsam zu Ende gehen. Ich blickte nur mehr auf die Füße des Läufers vor mir und meine Sportuhr. 200m können auch wirklich lang sein. Nur noch 900 Meter, 700 Meter, 500 Meter, 300 Meter und dann befand ich mich schon auf dem roten Teppich. Nach 2:57:15 war ich schließlich im Ziel.

Ich habe mich selbst mit diesem Rennen komplett überrascht und bin wirklich stolz auf diese Leistung. Auf Boston 2018 freue ich mich natürlich besonders. Keep on running!

21 Gedanken zu “Meine Stadt. Mein Marathon. Meine Bestzeit

  1. Hallo Peter

    Herzliche Gratulation zur Super-Zeit und Qualifikation für Boston! – Von so einer Zeit kann ich nicht mal träumen!

    Ich wünsche Dir viel Spass und Erfolg am K78. – Auf der Strecke werden wir uns wohl nicht begegnen. Ich danke Dir aber jetzt schon, dass du mir eine Spur durch den Schnee trittst! 🙂

    Herzliche Grüsse
    Martin

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  2. Wahnsinn, wie du dich da durchgebissen hast. Ich fand die Strecke und das Publikum auch toll. Wie muss das erst bei gutem Wetter sein?! Leider hat mir das Wetter einen Strich durch die Motivation gemacht, lief es aufgrund der Wetterbedingungen bei mir eher unrhythmisch.
    Aber letztendlich muss es am Wettkampftag einfach stimmen, und so war es bei dir.
    Herzlichen Glückwunsch und „See you in Boston“ 😉

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    • Lieber Michael,
      danke für deinen netten Kommentar! Der HH Marathon ist mein absoluter Lieblingsmarathon. Messe übersichtlich, Strecke und Publikum toll. Ich freue mich auf das Wiedersehen in Boston 🙂

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  3. Hallo Peter,
    gratuliere zu dieser fantastischen Zeit. Ich kann mir gut vorstellen, welch positive Energie und Gefühle man hat, wenn das Rennen so gut läuft.

    Viel Glück für Boston.

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  4. Hallo Peter,

    deine Zeit ist ja schon unglaublich beeindruckend. Wenn ich nun aber von dem Wetter lese, ist es das um so mehr. Ich hatte zwar gehört, dass es teilweise arg gewesen sein, aber das?! Gleich zu Anfang. Mein Respekt, dass du da noch die Konzentration hattest, so einen Lauf auf die Strecke zu bringen. Bedenkt man vor allem, dass du nicht so recht einschätzen konntest, wie an dem Tag von der Pace her für dich laufen könnte. Noch einmal herzlichen Glückwunsch!

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    • Hallo Din, danke für deinen netten Kommentar. Das Wetter hätte ruhig etwas besser sein können 😀 Hab einen tollen Tag erwischt und mich auf das konzentriert, dass ich beeinflussen kann. Liebe Grüße

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  5. Abwechslungsreiches Wetter also, damit’s nicht fad wird. Wie war der Wind dann wirklich während des Laufs? In Wien war er vom Lusthaus retour schon recht zach.

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  6. Hallo Peter, wie immer hast Du einen sehr lesenswerten und interessanten Bericht verfasst. Bei den Bedinungen die 3h-Marke zu knacken und damit auch „nebenbei“ die BQ zu schaffen ist aller Ehren wert 🙂
    Übrigens, ich bin gestern beim Oberelbe-Marathon meinen ersten Marathon gelaufen. Dein OEM-Bericht hat mir in der Vorbereitung sehr geholfen 🙂 LG Haiko

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    • Danke Haiko für deinen netten Kommentar.

      Ich hoffe du hast deinen ersten Marathon gut überstanden! Der OEM ist fast ein idealer Ort für das erste Mal 😄 Es freut mich, dass dir mein Bericht geholfen hat!

      Ich wünsche dir weiterhin viele schöne Läufe!

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      • Hallo Peter,
        vielen lieben Dank. Der 20. OEM und das Wetter waren die ideale Kombination für einen sehr guten ersten Marathon. Ich kann den Lauf auch allen nur bestens empfehlen.
        Bin nun am überlegen, ob ich im April 2018 in Boston oder lieber erstmal in Hamburg laufe. Die Qual der Wahl…
        Viele Grüße
        Haiko

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