Meine Reise zum Boston Marathon

Ich saß an einem runden Tisch in einem Hamburger Hotel an der Außenalster. Meine Beine waren schwer und müde. Vor mir stand ein Bier einer großen deutschen Brauerei. Trotz der Müdigkeit war mein Körper voller Endorphine. Zum ersten Mal lief ich einen Marathon unter 3 Stunden 15 Minuten, 3:09 um genau zu sein. Wir schreiben einen Sonntag, im April 2015.

„Weißt du eigentlich, dass Du mit Deiner Zeit auch die Qualifikationszeit für den Boston Marathon geschafft hast?“ fragte mich mein lieber Twitterlauffreund Flo. Nein, ich wusste es nicht, da ich mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit diesem Thema beschäftigt hatte. Der Flo setzte mir einen Floh ins Ohr. Das war der Beginn meiner Reise zum Boston Marathon.

Im September 2015 reichte ich meine Application zur Teilnahme erstmalig ein. Ich war nur rund 50 Sekunden schneller als die geforderte Qualifikationszeit. Es war mir bewusst, dass meine Chancen auf eine Teilnahme gering waren. Ich sollte Recht behalten.

Es folgte ein neuer Fokus auf Ultramarathons, der mich im Jahr 2016 begleitete. Doch am Ende des Jahres entflammte nochmals die Liebe für den Boston Marathon. Die Faszination, sich durch Leistung für ein der größten, traditionsreichsten Marathons zu qualifizieren, war enorm groß.

Getrieben von dieser Flamme trainierte ich härter und intensiver als jemals zuvor. Die Ernte folgte beim Hamburg Marathon 2017 mit einer Zeit unter 3 Stunden. Damit hatte ich mir einen sicheren Startplatz für Boston erlaufen. Das ganze Jahr regnete es neue Bestzeiten und Rekorde. Es war ein Flow und eine Lockerheit, die ich seitdem kaum mehr hatte. Die Form meines Lebens.

Die Boston Vorbereitung 2018 wurde durch einen Schitag im Jänner beendet. Ein Kreuzbandriss + OP verhinderten den Start. Trotzdem war ich vor Ort, bei einem der schlimmsten Marathons seit 40 Jahren. Starker Dauerregen und unglaublicher Wind am Marathontag sorgten plötzlich dafür, dass meine Trauer etwas gedämpft wurde. Der Rest des Jahres 2018 stand unter dem Fokus #comebackstronger.

Der Schweiß und Einsatz wurden im April 2019 wieder belohnt. Mit 3:02 beim Hamburg Marathon schaffte ich wieder die Qualifikationszeit und einen sicheren Startplatz. Im restlichen Jahr versuchte ich die Form zu halten. 2020 wollte ich voll angreifen und mich wieder an die 3 Stunden Schallmauer wagen.

Aus den Fehlern von 2018 wurden Lehren gezogen: Schifahrverbot im Jänner / Februar. Das Training lief gut an, und ich konnte das erste 10km Testrennen unter 40 Minuten beenden. Es war angerichtet, und ich freute mich auf meine hoffentlich finale Reise nach Boston.

Aktuell würde ich bei einem Bier sitzen und den Blick auf den Boston Habor vom Hotel aus geniessen. Im Inneren wäre eine Mixtur aus Anspannung, Vorfreude und Glück zu spüren. Nur noch wenige Stunden trennen mich von der Startlinie dieses traditionsreichen Rennen.

Doch auch in diesem Jahr sollte es anders kommen. Die COVID-19 Pandemie hat die Welt vollständig im Griff. Das Rennen wurde im März vom Veranstalter auf den 14.September 2020 verschoben. Es war die richtige Entscheidung. Die USA stehen aktuell im Zentrum der Pandemie und eine Entspannung ist bei Weitem noch nicht in Sicht.

Ein realitischer Blick in die USA nährt die Zweifel, ob das Rennen im September stattfinden kann. Es sieht nicht gut aus, dass muss ich mir eingestehen. Das tut verdammt weh. Dann würde meine Reise zum Boston Marathon wohl weiter verlängert werden.

It is what it is and you have to deal with it. Das war früher ein relativ oft verwendete Phrase in unserer Firma. Somit geht meine Reise zum Boston Marathon weiter. Nächster Versuch: September. Irgendwann wird sie enden. Da bin ich mir sicher!

Rückblick auf das Laufjahr 2019

Das Laufjahr 2019 geht zu Ende. Es war nach dem Seuchenjahr 2018 ein Laufjahr des Neustarts und Konsolidierung. Viele Fragezeichen begleiteten mich im Jänner: wird meine Leistungsfähigkeit an meine Form vor dem Kreuzbandriss anschließen können. Wird mein Körper beim Marathon so reagieren, wie ich es aus den letzten Marathons gewohnt war.

Die Antworten lagen wie immer im Wettkampf. Den ersten Marathon nach der Verletzung lief ich im April und gleich mit dem Ziel die Boston Qualifikation (sub 3:10) zu schaffen. Es war ein sehr emotionales Rennen. Überglücklich erreichte ich nach 3:02:25 das Ziel in Hamburg. Ein großer Dank geht auch an meinen Pacer Gunter, der mich durch das Sauwetter begleitet und gepusht hat.

Ich hatte den Ärzten versprochen ihre Empfehlungen (verstärktes Lauftechnik Training, keine Ultras, Reduktion der wöchentlichen Laufkilometer und max. 1 Marathon pro Jahr) zu befolgen. Aus diesem Grund wollte ich den Herbst mit einem schnellen Halbmarathon ausklingen lassen. Doch irgendwie kam mir im Sommer die Motivation abhanden. Diverse Stressoren und ein Urlaub verhinderten einen weiteren Wettkampf.

Trotzdem blicke ich voller Stolz auf das Jahr 2019 zurück. Mit meinem Comeback Marathon habe ich mich wieder für den Boston Marathon 2020 qualifiziert. Die gelaufene Zeit kann sich auch sehen lassen.

Das Jahr endet mit knapp unter 2.900 Jahreskilometern. Das ist natürlich weit von meinen fast 3.700 Kilometer im Jahr 2017 entfernt. Aber ich bin gesund und kann laufen. Das ist das Einzige, was zählt.

Hamburg, meine Perle

Die Hansestadt ist bekanntlich immer eine Reise wert. Das trifft auch für Marathonläufer zu. Der Haspa Marathon punktet bei mir durch eine spannende Strecke, gute Organisation, tolles Publikum und durch #runtheblueline. Bei keinem anderen großen Marathon schafft man es bei meinem Niveau so nahe an der blauen Linie zu laufen. Daher war die Wahl des Orts für meinen Comeback Marathon rasch klar.

Im September 2017 bin ich meinen letzten Marathon als 3:20 Pace Maker für die Adidas Runners in Berlin gelaufen. Mein letztes Rennen mit persönlichen Zielen lag bereits 2 Jahre zurück.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Ich will wieder nach Bosten und benötigte daher beim Comeback eine Zielzeit von 3:08. Trotz guter Vorbereitung waren Zweifel meine ständigen Begleiter. Wie wird der Wiedereinstieg sein? Wird auch der Mann mit dem Hammer ab Kilometer 30 ein Comeback feiern? Vor meiner Verletzung hatte ich einige negative Splits und fast perfekte Rennen. Kann der Körper das wieder abrufen?

Die Wettervorhersage für den Renntag lag wieder einmal komplett daneben. Echtes norddeutsches Schitwetter begrüßte mich am frühen Morgen. Es kribbelte ordentlich trotz meiner Erfahrung. Zu meinem Glück hatte ich Unterstützung vom #teamultrakitty. Gunter hat zugesagt mich in meinem #sub308 Versuch zu unterstützen.

Pünktlich um 09:30 startete das Projekt #comebackmarathon. Die ersten beiden Kilometer mussten wir uns durch langsamere Läufer durchschlagen. Dann rollte es aber bereits in der angepeilten Marathon Pace von 4:22. Im Gegensatz zu mir kann Gunter in dieser Pace immer noch gut reden und mit dem Publikum spielen. Aus diesem Grund waren die ersten 10 Kilometer sehr kurzweilig.

Auf dem Weg zu den Landungsbrücken wurden wir durch die leichten bergab Passagen schneller. Ich hatte etwas Sorge, dass wir zu schnell sind. Sollte ich das am Ende dann bereuen?

Der Regen wurde wieder stärker. Es war unmöglich die Schuhe und Füße trocken zu halten. Trotzdem war von Kälte keine Spur. Dafür zickte die Innenseite meines Oberschenkels seit Kilometer 2. Aber es wurde zumindest nicht schlimmer. Die Zeiten bis Kilometer 15 waren genau auf Plan und im Rahmen des Korridors von 4:20 – 4:25, den wir laufen wollten. Bei Kilometer 12 und 17 gab es das erste Gel als Wegzerrung. Die Kohlenhydrat Zufuhr zeigte Wirkung. Auf den nächsten 5 Kilometer hatten wir plötzlich eine 4:17 Pace.

Und das sollte sich auch nicht ändern. Ich fühlte mich gut und Gunter blieb am Gaspedal. Wir spulten die 5 Kilometer Splits wie ein Uhrwerk ab. Der Energielevel war dank guter Verpflegung (alle 5km Gel + Getränk) immer noch hoch. Keine Spur von Müdigkeit oder Einbruch. Ab Kilometer 30 waren wir im Attacking Mode und haben Läufer um Läufer überholt. Priceless. Bei Kilometer 35 wurden die Beine schon schwerer, aber es lief noch prächtig. Der Mann mit dem Hammer wird heute sicher nicht vorstellig bei uns. Bei Kilometer 38 war dann aber klar, dass die Energie langsam zu Ende geht. Nach einem 5 Viertelmarathon in Linz vor zwei Wochen (zuerst 1/4 Marathon und dann noch ein voller Marathon in 3:27) war Gunter recht leicht von der Temporeduktion zu überzeugen 🙂 Bei Kilometer 40 gab es noch ein Iso kurz vor dem Ziel. Am roten Teppich starteten wir dann noch einen ordentlichen Zielsprint. Wir wollten ja würdig ins Ziel kommen 🙂

3:02:25. Boston, here we go again!

Meine zweitbeste Marathonzeit. Geiler Scheiß!

An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei Gunter für die tolle Lauffreundschaft und die Begleitung bedanken. Zusätzlich gebührt meiner Frau großen Dank, die bei sehr kalten Temperaturen und Regen uns bei 3 Stellen angefeuert hat und eine große Unterstützung am Renntag und in der Vorbereitung war.


Hamburg calling

Hamburg soll mir auch in diesem Jahr wieder einmal Glück bringen. In dieser Woche startete der Trainingsplan für den Marathon. Somit sind es noch genau 10 Wochen, die mich von meinem Comeback Marathon trennen.

Nach meiner Verletzungspause sollte die Laufform mit vielen unterschiedlichen Trainingseinheiten (Intervalle, Tempotraining, Longruns) wieder in Richtung Bestform getrimmt werden. Eigentlich war vor dem offiziellen Trainingsstart eine gemütliche Laufwoche mit wenig Belastung geplant. Es kam dann doch anders. Ich wollte meinen Leistungsstand vor dem Trainingsbeginn nochmal testen. Aus diesem Grund stand ich nach fast 1,5 Jahren Wettkampfpause am letzten Sonntag wieder an der Startlinie einer Laufveranstaltung. Im Rahmen des LCC Eisbärenlaufs über 7 Kilometer sollte die Tempohärte erprobt werden. Der Test verlief positiv und ich konnte meine gesteckte Zielzeit von 28 Minuten klar unterbieten (27:36).

Das Ergebnis hat mir einen richtigen Boost in dieser Woche verliehen und mich richtig motiviert. So konnte ich das Training problemlos und teilweise überschießend absolvieren.

Die erste Trainingswoche endete mit fast 93 Kilometer. Ich lehne mich an den 3:00 bzw. 3:15 Plan von Steffny an, ohne den Plan sklavisch zu folgen. In dieser Woche stand ein 90 Minuten GAT 1 Lauf, 5×2 km in 4:15 Pace, ein Longrun über 30 km, 70 Minuten Jogging und ein Tempodauerlauf über 10km in 4:40 Pace am Programm. Zusätzlich gab es noch eine Lauftechnik Einheit und 2 Stabi-/Krafttrainings Einheiten im Fitnesscenter.

Durch meine Erfahrung versuche ich die Zeichen des Körpers zu erkennen und das Training entsprechend zu adaptieren. Zusätzlich müssen auch noch die beruflichen Abendtermine in den Plan integriert werden.

1 week down, 9 to go. Hamburg is calling.

2019: Mein Traum soll wieder leben

Das Laufjahr 2019 soll besser werden. Es geht darum wieder in die Spur zu finden. Das Projekt #comebackstronger soll erfolgreich zu Ende geführt werden.

Mein Neujahresvorsatz lautet die Lehren aus dem Seuchenjahr 2018 umzusetzen. Ich will mein Training regelmässig mit Kraft-/Stabitraining (1-3x pro Woche) und Lauftechnik (1-2x pro Woche) ergänzen. Der Trainingsdruck soll durch mehr Flexibilität reduziert werden. Trainingseinheiten sollen nicht nur am frühen Morgen sondern auch am Abend abgehalten werden. Dadurch soll der Körper mehr Schlaf bekommen und damit leistungsfähig bleiben. Der Trainingsplan wird sich unter Berücksichtigung der beruflichen Situation flexibler in den Wochenplan integrieren. Er ist weiterhin Programm, aber die Abfolge innerhalb der Woche soll flexibler werden.

Ab Februar beginnt dann die offizielle Vorbereitung für den Hamburg Marathon 2019. Mein absoluter Lieblingsmarathon soll mir auch in diesem Jahr Glück bringen. Denn es geht um nichts Anderes als – ihr habt es erraten – die Boston Qualifikation für 2020. Ich habe den Ansporn mir das zu holen, was ich mir im letztzen Jahr selbst verbockt habe. Eine Zielzeit um 3:08 wird notwendig sein, um nochmals meinen Traum zu leben.

Der Rest des Jahres ist noch komplett unverplant. Die Gesundheit meines Knies steht im Vordergrund. Daher werde ich erst nach dem Hamburg Marathon entscheiden, ob ich noch einen zweiten Saisonhöhepunkt setzen werde.

Lust und Freude steht 2019 im Vordergrund. Spontanität wird daher einen großen Anteil an meiner zukünftigen Laufplanung haben.

Ich bin schon sehr gespannt und voller Tatendrang. Nach dem letzten Jahr sollte es heuer wieder bergauf gehen.


Rückblick

Das Jahr 2018 ist Geschichte. Und das ist gut so. Es war kein gutes Laufjahr für mich. Es war ein Seuchenjahr. Groß waren meine Ziele im Jänner, klein ist das Erreichte im Dezember. Kein einziger Wettkampf, keine einzige Finisher Medaille. Mit rund 1.600km die geringsten Laufkilometer in meiner Läuferkarriere (2017: 3.672km, 2016: 3.249km, 2015: 3.448km)

Das Jahr 2018 war trotzdem ein wichtiges Jahr für mich. Es hat mich gelehrt, nichts als gegeben zu nehmen, Erfolge noch mehr zu genießen und noch demütiger zu sein. Das letzte Jahr hat mir klar vor Augen geführt, warum ich diesen Sport so liebe und wie wichtig die Bewegung als Ganzes für mein Wohlbefinden auf körperlicher und seelischer Ebene ist. In der Verletzungsphase rücken Pace und Zielzeiten plötzlich ganz weit weg. Im Vordergrund steht das wieder Laufen können, die Pace ist dabei vollkommen nebensächlich. Zusätzlich habe ich mir mit meiner Konsequenz und Verbissenheit im Training neben dem beruflichen auch noch privaten Stress gezüchtet. Ich werde in der Zukunft sanfter zu mir sein und Trainings konsequent, aber flexibler gestalten (Trainingseinheiten am Abend, späterer Start bei Morgenläufen, Tausch von Trainingseinheiten, ….).

Das Jahr 2018 hat mir durch die Verletzung die Möglichkeit gegeben an meinen Schwächen zu arbeiten. Ich habe daher verstärkte Sessions im Bereich Stabi-/Krafttraining und Lauftechnik absolviert. Zusätzlich sind im letzten Jahr auch noch mehr Radkilometer zusammen gekommen. Das ist sicher aber noch ausbaufähig 🙂

Das Jahr 2018 war ein Seuchenjahr und der Kampf zurück. Trotzdem habe ich viel gelernt und mitgenommen. Jetzt muss ich es nur mehr 2019 anwenden 🙂

In diesem Sinne: Prosit 2019


15 Wochen nach OP wieder gelaufen

Ruhe ist auf diesem Blog  eingekehrt. Normalerweise gibt es im Frühjahr und Sommer viele Berichte über Trainings und Wettkämpfe.  In diesem Jahr herrschte gähnende Leere.  Ich wollte dann doch nicht wöchentlich zu meinem Gesundheitszustand berichten.

15 Wochen nach der OP lief ich erstmalig wieder. Ich war der glücklichste Mensch auf Erden. Ich lebte wieder. Der Schweiß auf meiner Stirn nach dieser Runde erfühlte mich mit Stolz. Ich war wieder ein Sportler. Weiterlesen

Ruptur

Mit zittrigen Händen suchte ich die Wikipedia Seite. Der MRT Befund war gerade in meiner Mailbox eingetroffen. Ich suchte nun die genaue Bedeutung des Worts „Ruptur“.  Bitte lass es „Einriss“ bedeuten. Sekunden später trat die Ernüchterung ein: Zerreißung bzw. Riss – des vorderen Kreuzbands und des Meniskus um genau zu sein. Worst Case. Damit war klar, dass mein Traum vom Boston Marathon 2018 eine Ruptur erfahren hat. Traurigkeit machte sich breit. Ich war tapfer und weinte nicht. Viel Energie,  Fleiß und Training sind in diesen Traum investiert worden. Die Ernte werde ich in diesem Jahr nicht einfahren. Weiterlesen